MEINE FAMILIE, MEINE FREUNDE UND ICH

OFT SIND DIE FREUNDE FAST WICHTIGER ALS DIE FAMILIE

Hattest du zu Hause mit deiner Schwester oder deinem Bruder Streit und den Eindruck, dass deine Eltern dich nicht verstehen und einseitig Partei ergriffen? Oft genügt ein Anruf beim Kumpel oder der besten Freundin: Man plaudert, kann seinem Ärger Luft machen und wird ohne viele Worte verstanden.

Wissenschaftler fanden heraus, dass Jugendliche nicht nur viel Zeit mit anderen in ihrem Alter verbringen, sondern dass diese beim Erwachsenwerden eine wichtige Rolle spielen: Sie sind Vertraute, Gesprächspartner und geben Rat – sie stehen an einem vergleichbaren Punkt im Leben und haben ähnliche Träume und Zweifel. Man bekommt von ihnen Anerkennung, Bestätigung und fühlt sich geborgen. Niemand ist ehrlicher als sie. Und manchmal gehört auch Konkurrenz dazu.

PEERGROUPS SIND ÜBUNGSFELDER

Sogenannte Peergroups, Gruppen von gleichaltrigen, jüngeren und älteren Jugendlichen, sind eine Möglichkeit, ausserhalb des Elternhauses Erfahrungen zu machen, andere Lebensformen und Kulturen kennenzulernen. Sie sind ein Übungsfeld. Dazu gehört eine eigene Gesprächskultur mit Themen rund um Freizeit und die Art, wie man die Welt sieht, wie man leben möchte oder Sexualität wahrnimmt.

Anders als die eigene Familie, in die man geboren wird, kannst du deine Freunde auswählen. Und man wird selber ausgewählt. Das schließt möglicherweise auch die schmerzhafte Erfahrung ein, abgelehnt zu werden. Oft erkennt man dabei auch, dass eine Freundschaft nicht einfach da ist, sondern Pflege, Zeit und Aufmerksamkeit braucht, damit sie wächst und lebendig bleibt.

STRESS MIT DEN KOLLEGEN & FREUNDEN

SICH SELBST TREU BLEIBEN UND MIT GRUPPENDRUCK UMGEHEN

Die grosse emotionale Nähe unter Peers ermöglicht Entwicklung, kann aber schwierig sein. Nämlich dann, wenn sie zu Abhängigkeit und Gruppendruck führt und zu selbstschädigendem Verhalten verleitet – etwa wenn du dich nicht traust, zu deiner Meinung zu stehen oder mitmachst, weil du befürchtest, sonst aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Selbstbewusst und ohne Angst vor Ablehnung ein eigener Typ zu sein, kann man üben. Es gelingt am einfachsten, indem man ohne Vorurteile zuhört, den anderen ausreden lässt und respektiert, wenn man nicht dieselbe Sicht auf die Dinge hat. So schafft ihr ein angenehmes und offenes Klima, in dem es eher möglich wird, auch seine eigene Meinung zu äussern.

IM GESPRÄCH LÖSUNGEN FINDEN

„Jenseits von richtig und falsch gibt es einen Ort. Dort treffen wir uns“, schrieb vor fast 1.000 Jahren ein Gelehrter. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Lösungen manchmal auch Fantasie erfordern. So findet man einen Weg, der für alle stimmt. Daneben gibt es aber auch Situationen, in denen es keinen Verhandlungsspielraum gibt. Etwa dann, wenn jemand gemobbt oder mit rassistischen Sprüchen beleidigt wird. Da ist es wichtig, dass du Nein sagst. So ermutigst du andere, ebenfalls nicht mitzumachen.

FREUNDE & DIE ELTERN

VERMITTELN ZWISCHEN DEN FRONTEN

Deine Freundinnen und Freunde werden von Erwachsenen oft sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die besten Freunde sind für manche Eltern nicht immer diejenigen, die sie gerne als Freunde von ihren Kindern sehen, weil sie sich Sorgen um dich machen und – in ihrer Wahrnehmung – das Beste für dich möchten. Was nun? Versuche mit deinen Eltern zu reden, Vertrauen aufzubauen und ihnen mit Offenheit ihre Ängste zu nehmen. Oft ist es nämlich so, dass Unkenntnis zu Vorurteilen und Missverständnissen führt.

Dabei können folgende Punkte und Überlegungen helfen:

  • Was würden deine Eltern davon halten, wenn du gar keine Freunde hättest? Wäre ihnen das lieber?
  • Wenn du offen zu deinen Freundinnen und Freunden stehst, dann bedeutet das auch, dass du zu deinen Eltern Vertrauen hast und dass du möchtest, dass sie auch Vertrauen zu dir haben. Du möchtest deine Kontakte ja nicht verheimlichen…
  • Du schaffst Vertrauen, wenn du deinen Eltern erzählst, was ihr gemeinsam unternehmt, wo ihre du die Zeit mit deinen Freunden verbringst und welche Meinungen und Einstellungen deine Freundinnen und Freunde haben. So gibst du deinen Eltern die Möglichkeit, Vorurteile und Ängste abzubauen.
  • Stell deinen Eltern deine Freundinnen und Freunde vor. Ein gemeinsames Nachtessen oder kurzes Hallo-Sagen, wenn du abgeholt wirst, ermöglichen, dass sich alle gegenseitig besser kennenlernen.

Wenn in deinem Freundeskreis etwas Beunruhigendes passiert (zum Beispiel im Zusammenhang mit Straftaten oder Suchtmitteln), ist es gut, wenn du deinen Eltern davon erzählst. Es ist immer besser, wenn sie solche Sachen direkt von dir erfahren als auf Umwegen durch Dritte. Vielleicht sind sie ja bereit, neben dir und deinen Geschwistern auch eure Freunde und Freundinnen zu unterstützen.

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